8. August 2024
Industriefotografie aus Sachsen-Anhalt

Nach den Maschinen.

27. September bis 15. Dezember 2024
Do-So: 10.00 - 17.00 Uhr
Salinemuseum Halle, Mansfelder Straße 52, 06108 Halle (Saale)

Die Ausstellung

Seit über 150 Jahren prägt die Industrie das Gebiet des heutigen Landes Sachsen-Anhalt. Als Teil des Wirtschaftsraums Mitteldeutschland entwickelten sich neben wichtigen Standorten wie den Kupfer- und Kohlebergwerken des Mansfelder Landes oder dem Chemiedreieck Leuna-Buna-Bitterfeld auch eigene Identitäten und Lebenswelten. Diese Industriegeschichte reicht über fünf politische Systeme – eine Geschichte voller Chancen und Widersprüche, die immer wieder Reaktionen in Kunst und Literatur hervorgerufen hat. Die Ausstellung Nach den Maschinen fragt zum ersten Mal zusammenhängend nach der Geschichte der Industriefotografie aus Sachsen-Anhalt, die das reiche kulturelle Erbe der Region abbildet.

Wolfgang G. Schröter: Ansicht der Filmfabrik Wolfen, 1956/1965, Diapositiv

Die Anfänge: Neues Sehen in den 1920ern

Ausgehend von den 1920er Jahren verweist die Ausstellung auf die lange Tradition der Industriekultur in der Region und folgt seinen vielfältigen visuellen Repräsentationen bis in die Gegenwart. Aus der Frühzeit der Industriefotografie ragt Hans Finsler heraus, der mit seinen Fotografien die lokalen Industriezweige dokumentiert hat. Mit seiner Fotoklasse brachte er das Neue Sehen an die Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle und revolutionierte damit die Industrie- und Werbefotografie. Seine Schüler(innen) Gerda Leo und Annemarie Giegold-Schilling trugen dieses Erbe weiter. In Magdeburg ließ zur gleichen Zeit das städtische Hochbauamt die Großindustrie und den Hafen an der Elbe aufwendig dokumentieren. Zu dem Team, das ikonische Bilder hervorgebracht hat, gehörte auch der Bauhäusler Xanti Schawinsky. Kontinuitäten dieser Bildsprache lassen sich bis in die DDR- und Nachwendezeit beobachten. Exemplarisch zeigt die Ausstellung Traditionswege der Industriefotografie in Sachsen-Anhalt.

Hochbauamt Magdeburg, Großkraftwerk MIKRAMAG Nordwest 1936: Stadtarchiv Magdeburg, Fotobestand Hochbauamt, Nr. 12407
Hochbauamt Magdeburg, Baggerarbeiten im Industriehafenbecken bei Rothensee – Aufnahme für die Theaterzeitung „Stichwort", 1930: Stadtarchiv Magdeburg, Fotobestand Hochbauamt, Nr. 6357
Hochbauamt Magdeburg, Großgaserei, Kohlenbunker, 1932: Stadtarchiv Magdeburg, Fotobestand Hochbauamt Nr. 9647

Die Gegenwart: Die letzten 30 Jahre

Ein zweiter Themenschwerpunkt sind die letzten 30 Jahre, in denen die Region eine beispiellose Transformation erfahren hat. Mit der schnellen Abwicklung der Treuhand wurden über Nacht ganze Gegenden verändert. Großprojekte wie Fotografie & Gedächtnis sicherten nach der Wende das Erbe einer Industrieregion, die mit der Öffnung zum Weltmarkt hoffnungslos veraltet wirkte. Fotografen wie Claudia Fährenkemper, Dirk Krüll oder Gert Kiermeyer zeigen die Resignation in den Betrieben und die Ruinen der alten Industrie. Gleichzeitig setzt die vom Westen ausgehende Modernisierung ein, die der Fotograf Hans-Christian Schink in seiner zentralen Bildserie Verkehrsprojekte Deutsche Einheit thematisiert. Diese Aspekte der Erinnerungskultur werden hier erstmals in einem Zusammenhang dargestellt. Abwicklung, Deindustrialisierung und Verlust der alten Identität stehen heute neuen Formen des Wirtschaftens und einer neuen Infrastruktur gegenüber, die sich auch in der Industriefotografie wiederfinden.

Transformation

Ferropolis in Gräfenhainichen ist in diesem Sinne das Vorzeigeprojekt der Region: Der ehemalige Tagebau Golpa-Nord fungiert nun als Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur und ist gleichzeitig Schauplatz wichtiger Konzerte und Festivals. Hier treffen sich die Feierwütigen der Region, die wiederum von Fotografen tanzend vor den Relikten der Industrie aufgenommen werden.

Die Ausstellung wendet sich dabei ebenso Themen wie die Umweltverschmutzung in der DDR zu, die teils auch im Medium der Fotografie aufgegriffen wurde. Inge Rambow und Andreas Kämper zeigen hier einen kritischen Blick auf ein wichtiges Thema der Wendezeit und Transformation. Gleichwohl hat Sachsen-Anhalt einen Strukturwandel vollzogen, neue Industrien angesiedelt oder erhalten und versucht sich gleichzeitig dem (industrie-)kulturellen Erbe der Region anzunehmen.

Julius Schreiner, Kalimandscharo, 2023

Fotograf(innen)

Günter Ackermann, Christian Bedeschinski, Günter Bersch, Elke Busching, Jörg Dietrich, Jochen Ehmke, Claudia Fährenkemper, Hans Finsler, Hans-Jörg Franke, Annemarie Giegold-Schilling, Gerald Große, Reinhard Hentze, Sven Gatter, Andreas Kämper, Thomas Kemnitz, Gert Kiermeyer, Stephanie Kiwitt, Eberhard Klöppel, Ulrich Kneise, Wieland Krause, Dirk Krüll, Emil Leitner, Gerda Leo, Joerg Lipskoch, Aleksei Malygin, Franziska Meister, Marcus-Andreas Mohr, Richard Peter Jun., Emilia Prescher, Inge Rambow, Monika Rechsteiner, Evelyn Richter, Karlheinz Rothenberger, Hans-Christian Schink, Harald Schmitt, Julius Schreiner, Wolfgang G. Schröter, Gert Schütze, Rainer Steussloff, Peter Thieme

 

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt von Salinemuseum und Halleschem Kunstverein e. V. in Zusammenarbeit mit dem Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V., dem Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), dem Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. und dem Netzwerk für Industriekultur Sachsen-Anhalt.

Wir bedanken uns für die Unterstützung der Ausstellung durch die Kulturförderung des Landes Sachsen-Anhalt!

Begleitend zur Ausstellung veranstaltet der Landesheimatbund ein Symposium zu Fotografie und visuellen Repräsentation von Industriekultur in Sachsen-Anhalt.

https://lhbsa.de/event/bagger-halden-silbersee/

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